Neue Herausforderungen

1990-2000

Ein brennender PKW-Trabant steht am 27.8.1992 auf einer Straße vor der Zentralen Aufnahmestelle (ZASt) in der Mecklenburger Allee 18 in Rostock-Lichtenhagen. Im Zuge rassistischer Ausschreitungen wurde er angezündet. Der Trabant, auch Trabi genannt, war das Standardauto vieler DDR-Bürger. Nach der Wiedervereinigung wurden die meisten verschrottet. (akg-images / picture-alliance / ZB / Jürgen Sindermann)

EREIGNISSE  >> Ereignismodul 3

Millionen von Menschen jubelten 1990: Deutschland wurde wiedervereinigt und der Kalte Krieg schien beendet. Dennoch gestalteten sich die ersten Jahre der deutschen Einheit durchaus schwierig. Die ehemalige DDR-Wirtschaft erlebte einen beispiellosen Niedergang. Hunderttausende Menschen verließen Ostdeutschland. Im ganzen Land wurden Einwander*innen und deren Nachkommen angegriffen. Es kam zu Brandanschlägen und Toten. Welche Antworten fand die Politik darauf, welche die Zivilgesellschaft? Wie wirkte sich die Wiedervereinigung auf das Leben der Menschen aus? Und wie prägten diese Jahre die heutige Sicht auf die deutsche Einheit?

Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft

Im wiedervereinigten Deutschland konnten die Menschen aus der DDR nun endlich frei wählen, ihre Meinung frei äußern und viele Aspekte ihres Lebens ohne staatliche Bevormundung selbst bestimmen. Dennoch folgte auf den Jubel über die Wiedervereinigung vielerorts auch Ernüchterung: In den „neuen Bundesländern“ brach innerhalb weniger Monate die gesamte Wirtschaft zusammen. Die Umstellung auf die Deutsche Mark führte dazu, dass tausende Betriebe nicht mehr konkurrenzfähig waren und schließen mussten. Ihre Maschinen waren oftmals veraltet, sodass die Produktivität der meisten Betriebe weit unter denen in der Bundesrepublik lag. Die Wiedervereinigung ermöglichte nun auch den Kauf und Verkauf der lang ersehnten Westprodukte in den neuen Bundesländern. Für Produkte aus der ehemaligen DDR interessierte sich fast niemand mehr.
Neue Bundesländer

Nach der Wiedervereinigung gründeten sich die fünf Länder neu, die bis 1952 auf dem Boden der DDR existiert hatten: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie werden offiziell als „neue Bundesländer” bezeichnet, oft auch als „ostdeutsche Bundesländer“.

In den Regionen der ehemaligen DDR kam es zu einem regelrechten Zusammenbruch der Wirtschaft. Viele Menschen wurden arbeitslos: 1992 betrug die Anzahl der Arbeitslosen in den neuen Bundesländern circa 2,5 Millionen. Immer wieder kam es zu Protesten wie hier in Suhl, Thüringen. (imago images / fossiphoto)

So endeten die „Volkswagen“ aus der DDR-Produktion. 1990 wurden tausende Autos des Typs „Trabant“ verschrottet. Die in der DDR heiß begehrten Autos wollte nach der Wende niemand mehr haben oder kaufen. 1991 wurde die gesamte Produktion eingestellt. (Bundesarchiv, Bild 183-1990-0731-016 / Grimm, Peer/ CC-BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Abwanderung aus Ostdeutschland

Mit dem Niedergang der Wirtschaft in den neuen Bundesländern wanderten Hunderttausende nach Westdeutschland aus. Vor allem junge Menschen, darunter sehr viele weibliche Arbeitskräfte, sahen keine berufliche Zukunft mehr in den neuen Bundesländern und verließen die Region. Die Bevölkerungsverluste im ländlichen Raum, aber auch in den alten industriellen Zentren der ehemaligen DDR waren enorm: Mehr als 1,7 Millionen Menschen verließen die ostdeutschen Bundesländer zwischen 1989 und 2017.

Migration nach Westdeutschland – Sichtweise ostdeutsch

Als im Zuge der Wiedervereinigung immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit nach Westdeutschland übersiedelten, trafen sie dort oftmals nicht auf die erwarteten Zustände. In dem Magazin „Der Spiegel“ wird am 19.2.1990 in einem langen Artikel mit dem Titel „Wieso kommen die noch?“ berichtet:

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In seiner alten Heimatstadt Neuruppin [Brandenburg] gilt der Übersiedler Martin Laubsch, 43, heute als gemachter Mann. Vor zwei Wochen, auf Besuch im Osten, saß er mit alten Freunden im „Brauhof“, seiner ehemaligen Stammkneipe. Beim Bier trumpfte der gelernte Schlosser groß auf: Eine Arbeit habe er im Westen schon gefunden und auch eine Wohnung. Die sei zwar klein, „aber für den Anfang reicht es“.

Alles falsch. In Wahrheit haust Laubsch unter erbärmlichen Umständen in einer dringend renovierungsbedürftigen Turnhalle im Zentrum von Bochum. Jeden Tag kommt es in dem Notquartier zu Streit und Schlägereien, und nachts kann der Mann kaum schlafen, weil Betrunkene krakeelend durch die Gänge torkeln. Laubsch: „Es ist die Hölle.“

Einen Job hat der Schlosser nicht einmal in Aussicht: Wo immer er sich bislang beworben hatte, wurde er abgewiesen. “Mit 43 Jahren“, dämmert ihm nun, „gehört man im Westen zum alten Eisen.“

Doch die Wahrheit über sein neues Leben in der Bundesrepublik mochte Laubsch den Kumpels in Neuruppin nicht erzählen: „Da hätte ich mich zu sehr geschämt.“ Und der Hölle von Bochum zu entfliehen, traut er sich auch nicht: „Dann könnte ich ja drüben keinem Bekannten mehr unter die Augen treten.“

Das erhoffte flotte Leben im Westen rückt für die meisten Ostbürger, die jetzt noch kommen, in immer weitere Ferne. Die Massenquartiere, ursprünglich als Provisorien gedacht, werden zu Dauerlösungen. Auf drei bis vier Jahre schätzt der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Hermann Heinemann (SPD) die durchschnittliche Verweildauer in den Notquartieren. […]

Sie habe in den ersten Nächten „kein Auge zugemacht“, klagt Beate Schrimpf, Küchengehilfin aus Erfurt: „Immer brannte das Licht, und der Raum ist nicht abschließbar.“ Entgeistert stellt ihr Freund Heiko Hademann fest: „So haben wir uns den Westen nicht vorgestellt.“

Wie sie ihn sich vorgestellt haben, darüber gibt eine Untersuchung der „Forschungsgruppe Übersiedler“ an der Universität Bochum Auskunft. Von 900 ehemaligen DDR-Bürgern, die im Januar befragt wurden, erhoffte sich knapp die Hälfte in erster Linie ein Leben mit Gefriertruhe, Volkswagen und Farbfernseher sowie bessere Arbeitsbedingungen. Wünsche nach Reise-, Meinungs- und Pressefreiheit, die vor der Grenzöffnung im November häufig an erster Stelle genannt wurden, spielen jetzt kaum noch eine Rolle.

Immer mehr DDR-Bürger, so eine weitere Erkenntnis der Wissenschaftler, wechseln jetzt spontan über die Grenze; nur in wenigen Fällen wird der Umzug in die neue Heimat sorgfältig geplant. Das Erschrecken über die Schattenseiten des real existierenden Kapitalismus ist dann um so größer. […]

Doch selbst wenn die Zuzügler genauer wüssten, was sie im Westen erwartet – die meisten würde es wohl kaum daheim halten. Zu groß ist das Wohlstands- und Hoffnungsgefälle, zu gering die Aussicht, dass sich der Lebensstandard im Osten binnen kurzem auf Westniveau hieven lässt. […]

So mancher DDR-Bürger packt die Koffer, weil er fürchtet, die Bundesrepublik könne demnächst die Grenzen dichtmachen oder zumindest die Leistungen für Übersiedler reduzieren. Einige zitieren das geflügelte Wort von Michail Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

„Keiner will der letzte sein und in der DDR das Licht ausmachen“, beschreibt ein Hamburger Neubürger die Stimmung in der anderen Republik, deren Kürzel DDR laut einem gängigen Übersiedlerschnack schon jetzt für „Der doofe Rest“ steht.

Letztlich könne, meinen viele, nur ein rasches Wirtschaftswunder im Osten die Wanderungswelle bremsen – was auch eine Leipziger Montagsdemo-Parole aus der vorigen Woche signalisiert: „Kommt die D-Mark, bleiben wir. Kommt sie nicht, gehn wir zu ihr.“ […]

(Quelle: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507374.html)

 

Aufbau Ost

Die Bundesregierung versuchte mit milliardenschweren Aufbauprogrammen dem wirtschaftlichen Niedergang und der innerdeutschen Migration gegenzusteuern („Aufbau Ost”). Ihr Ziel war die von der Regierung Kohl in Aussicht gestellte Angleichung der Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern an die in Westdeutschland. Besonders die Infrastruktur (Straßen, Wasserversorgung, Telefonnetz usw.) wurde binnen weniger Jahre modernisiert. Das Problem der „Deindustrialisierung“ und der daraus resultierenden Wirtschaftsschwäche der neuen Bundesländer konnte durch die staatlichen Maßnahmen aber nicht gelöst werden. Die industrielle Warenproduktion ging bis Anfang 1991 um 70 % zurück. Bis heute sind die Verhältnisse nicht vollständig angeglichen, so verdienen Arbeitnehmer in Ostdeutschland im Schnitt 17 % weniger Lohn als in Westdeutschland (Stand 2020).

Deindustrialisierung

Deindustrialisierung bezeichnet Prozesse sozialen oder wirtschaftlichen Wandels, die durch eine Schrumpfung der Industrie verursacht werden. Wenn also in einer Region oder in einem Land zuvor viele Industriebetriebe ihren Standort hatten, diese dann aber mit den Jahren schließen, so nennt man dies Deindustrialisierung. Beispiele sind zum Beispiel die Kohleindustrie im Ruhrgebiet oder die chemische Industrie in Halle an der Saale. Früher waren diese Industrien in diesen Regionen weitverbreitet, heute jedoch nicht. Es fand eine Deindustrialisierung statt. Das Gegenteil hiervon ist die Industrialisierung.

Alles ist eins geworden

Aus einem Interview mit Roberta, geboren in Italien und 1964 als Kleinkind einer Gastarbeiterfamilie in die Bundesrepublik gekommen, heute Hausfrau:

„Ja also das ist hier eine Leistungsgesellschaft und früher da nicht. Die waren da alle geborgen, dann waren sie hier verloren. Ellenbogengesellschaft, wer kann, wer schafft. Klar hat man dann viel rumgenörgelt. Auch vom Westen her, die dachten sich ja, jetzt kommen sie alle her und klauen uns die Arbeit, war ja auch so. Auch mit den Rentenzahlen, die hatten drüben nicht gezahlt und jetzt wurde das von unseren Kassen bezahlt. Da hat man sich genervt gefühlt […]. Seid froh, dass jetzt die Mauer gefallen ist. Man muss ja auch die Vorteile sehen. Man ist ein freier Mensch, man kann reisen, wohin man will, man kann sein Leben gestalten, wie man möchte, man kann seine Meinung äußern, das war ja bei denen nicht erlaubt. Da können die mir nicht erzählen, dass es früher besser war. Und die Ostdeutschen waren nicht so gut auf Ausländer zu sprechen. Zuerst war es schlimmer. Man hat das gespürt. Ja und dann irgendwann mal hat sich alles geglättet und alles ist eins geworden.“

(Quelle: Zeitzeugen-Interkulturell.de – Interkulturelles Zeitzeugenportal Sachsen-Anhalt http://zeitzeugen-interkulturell.de/mauerfall-mit-migrationshintergrund-interview-mit-roberta/ (Zugriff: 06.11.2020))

Wir sind auch das Volk“ – die Möglichkeit, nun auch an der Demokratie und damit an der Wahl der demokratischen Institutionen teilzunehmen, betraf nach der Wiedervereinigung aber immer noch nicht alle Menschen. Während die ehemaligen Bürger*innen der DDR automatisch das Wahlrecht bekamen, durften viele ausländische Menschen oder Asylbewerber*innen, die schon jahrelang in Westdeutschland lebten, nicht wählen. Zu den Wahlen des Abgeordnetenhauses in Berlin am 2.12.1990 demonstrierten daher Asylbewerber vor dem Wahllokal für das Ausländerwahlrecht. (imago images / Detlev Konnerth)

Die Asyldebatte und rassistische Ausschreitungen

Parallel zum Prozess der Wiedervereinigung fand in der Bundesrepublik auch eine rege Debatte über das „Recht auf Asyl“ statt. Diese bestand ab den 1970er-Jahren. Im Zuge des Zusammenbruchs des Ostblocks und der Kriegsflüchtlinge der „Jugoslawienkriege“ stieg um 1990 jedoch die Anzahl der Asylanträge. Begleitet wurde die „Asyldebatte“ von einer Welle rassistisch motivierter Gewalttaten. Als Reaktion darauf häuften sich Aussagen, die den Ausbruch von Gewalt mit der hohen Anzahl von Asylbewerber*innen erklärten und nicht mit dem Rassismus in der Gesellschaft. Asylbewerber*innen wurden als „Wirtschaftsflüchtlinge“ dargestellt, die „Asylbetrug“ begingen. Der Grund ihrer Einwanderung sei nicht eine politische Verfolgung, sondern wirtschaftliche Not. Einige rechtsextreme Parteien konnten hohe Wahlergebnisse erzielen. Viele Migrantenverbände und politisch linke Gruppen verurteilten den teils offen formulierten Rassismus im Zuge der Asyldebatte. Im Mai 1993 wurde schließlich der sogenannte Asylkompromiss mit einer Zweidrittelmehrheit vom Bundestag beschlossen.

Asyl

Asyl ist in Deutschland ein von der Verfassung geschütztes Recht. Menschen, die aus anderen Teilen der Welt vor Gewalt, Krieg und Terror fliehen, sollen hierzulande Schutz finden.

Jugoslawienkriege

Ab 1991 herrschen in Jugoslawien mehrere Kriege, die zu dem Zerfall des Staatenbundes und zur Bildung sieben neuer Staaten führen. In den Kriegen kommt es zu Massakern und systematischen Vertreibungen, zehntausende Menschen sterben. Die Jugoslawienkriege lösen zudem Migrations- und Fluchtbewegungen aus, die zu einem starken Anstieg der Asylbewerberzahlen führen. Als neue Staaten entstehen Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro. 2008 erklärt sih auch der Kosovo für unabhängig. Dieser hatte bis dahin noch zu Serbien gehört.

Asyldebatte

Die sogenannte Asyldebatte war eine politische Auseinandersetzung um eine Änderung des Grundrechts auf politisches Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung versuchte zunächst, durch abschreckende Maßnahmen die Anzahl der Asylbewerber*innen zu reduzieren. Die Einführung des Arbeitsverbots für Asylbewerber*innen, gekürzte Sozialhilfe, und die Einschränkung der Freizügigkeit gehörten dazu. 1993 wurde eine Asylrechtsänderung beschlossen: Künftig konnte niemand mehr Asyl beantragen, der oder die über ein sicheres Nachbarland oder einen sicheren Herkunftsstaat einreiste. Nach 1993 sank die Anzahl der Asylbewerber*innen damit auf mehr als die Hälfte und die Debatte entschärfte sich.

In den frühen 1990er-Jahren kommt es in überall in der Bundesrepublik zu rassistischen Gewalttaten, teils mit Todesfolge.1992 fanden in Rostock-Lichtenhagen die bislang schwersten rassistischen Ausschreitungen in der Geschichte der Bundesrepublik statt. Ein Jahr später, wird in Solingen ein Anschlag auf ein Wohnhaus verübt, das von mehreren türkischen Familien bewohnt wird. Fünf Menschen sterben. Vielfach finden aber auch Kundgebungen gegen Rassismus und Rechtsextremismus statt, wie hier in Frankfurt am Main am 25. Mai 1993 (akg-images / picture-alliance / dpa).

Koffer packen und gehen?

Die Migrationsforscherin Nevim Cil interviewte zahlreiche Personen zu ihren Erfahrungen rund um den Mauerfall und die Einheit. Einer der Interviewten, Bülent T., erinnert sich an die Anfangsjahre der Einheit zu Beginn der 1990er Jahre:

„Auf jeden Fall war das sehr schrecklich und vor allem die Älteren, also zum Beispiel meine Eltern, die ja nicht so ‘nen intensiven Kontakt mit Deutschen haben, die nicht so ‘ne breitgefächerte Bekanntschaften haben mit Deutschen, die hatten wirklich Angst. Die haben sich dann das schon zum Thema und zur Überlegung gemacht, ob man denn wirklich jetzt noch lange hierbleiben kann, ob es jetzt nicht Zeit wäre jetzt, spätestens jetzt mal die Koffer zu packen. Bei uns Jüngeren war das nicht so dramatisch, aber es hat uns schon ein bisschen, glaube ich, aus unserem Schlaf geweckt, dass alles in Ordnung sei.“

Interview mit Bülent T., Nachkomme türkischer Einwanderer*innen

(Quelle: Nevim Cil: Topographie des Außenseiters. Türkische Generationen und der deutsch-deutsche Wiedervereinigungsprozess, Berlin: Verlag Hans Schiler 2007, S.189.)

Doppelte Staatsbürgerschaft

Mit der Änderung des Grundgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes und dem nahezu zeitgleichen Ende des Jugoslawienkriegs sanken die Asylbewerberzahlen in Deutschland wieder. Eine weitere Antwort auf die ab 1990 stark angewachsene Zuwanderung war die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft 1999. Nun konnten Zugewanderte die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, ohne ihre vorherige Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen. Politisch war dieser Schritt umstritten. Die Befürworter dieser Maßnahme versprachen sich davon positive Auswirkungen auf die Integration, die Gegner bezweifelten, dass der „Doppelpass” zu mehr Verbundenheit mit der Bundesrepublik führen würde.

Ein bosnischer Staatsbürger zeigt seinen bosnischen und einen deutschen Pass (Foto vom Juni 1998). Im Jahr 2000 wurde das bisherige Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 um das Geburtsortsprinzip ergänzt: Wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat, erwirbt das Kind bei der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch eine Einbürgerung ist nun bereits nach acht statt bisher 15 Jahren möglich. Ursprünglich sah das Gesetz vor, dass die Kinder sich spätestens im Alter von 23 Jahren für eine Staatsbürgerschaft entscheiden mussten. Diese Regelung wurde 2014 gestrichen, so dass nun beide Staatsangehörigkeiten behalten werden können. (picture-alliance / dpa / Horst Ossinger)